Erfolg beim Klub der jungen Dichter

Nicht weniger als 5102 Texte wurden dieses Jahr für den «Klub der jungen Dichter» eingereicht. Die 40 besten Geschichten schafften es in die Luzerner Zeitung.

Unter den besten Geschichten waren diejenige von Svenja Egli, 3. Sek mit dem Titel "Waisenkinder" und Lena Stöckli 6. Klasse mit "Morgenstund hat Schreck im Mund" zu finden. Lena Stöckli belegte gar den ersten Rang in der Kategorie Primar. 

Die Schulen Menznau gratulieren den Autorinnen zu ihrem grossen Erfolg beim Club der jungen Dichter. Die Schule ist stolz auf eure Leistung. Herzlichen Glückwunsch.

 

 

Morgenstund hat Schreck im Mund

Das Haus sah verlottert aus, die Namen an den Klingelschildern waren unlesbar. Ich stiess gegen die Tür, sie war unverschlossen ...

Ich zögerte einen Moment und sah mich noch einmal gut in der Gegend um. Eigentlich konnte ich sowieso fast nichts mehr erkennen, immerhin war es ja auch schon halb zwei in der Nacht. Die Strassenlaternen waren längst erloschen, und das schwache Licht meiner Handytaschenlampe kämpfte tapfer gegen die schleichenden Nebelschwaden. «Hallo.» Ich erschrak. Auf dem Trottoir ging ein älterer Mann vorbei. Vor Schreck vergass ich beinahe zu antworten. «Hallo», sagte ich. Was der Mann wohl noch so spät hier wollte? Mir war kalt, was die Angst in mir noch verschlimmerte.

Weshalb ich hier war? Vor einer halben Stunde hatte ich einen Anruf erhalten, der mich aus dem Schlaf gerissen hatte. Der Anrufer war anonym und forderte mich auf, sofort hier herzukommen. Eigentlich wollte ich das auf keinen Fall tun. Schliesslich wusste ich ja nicht, wer der Anrufer war und ob es nur ein schlechter Scherz sein sollte. Aber das Ganze hat mich dann doch neugierig gemacht. Ja, und nun stand ich hier.

Ich starrte gegen das kleine Fenster links neben der Tür. In der milchigen Scheibe sah ich mein Spiegelbild: ein Mädchen mit grünen Augen, ca. 15-jährig, 1,65 m gross, mit schulterlangen braunen Haaren und schlankem Gesicht. «Reiss dich zusammen Ameli», sagte ich zu mir, um mich selber zu ermutigen. Ich atmete tief durch. Jetzt, ich stiess die Tür ganz auf. Sie knarrte, und mir strömte ein muffeliger Duft in die Nase. Ich trat über die Türschwelle und stand in einem stockdunklen Raum. Mit meiner Handytaschenlampe leuchtete ich in alle Ecken. Ich befand mich in einer riesigen Eingangshalle. Es war staubig, aber im ganzen Raum befand sich kein Gegenstand. «Hallo ... haaalllloooohh», ein Echo hallte durchs Haus. Im nächsten Augenblick stach mir ein gellender Frauenschrei ins Ohr. Schnell rannte ich die grosse Treppe hinauf, die im Norden der Eingangshalle lag. Ein langer Flur breitete sich vor mir aus, der nach links sowie auch nach rechts führte. Doch ich konnte Geräusche von rechts erkennen. Da, im dritten Zimmer lag eine Frau am Boden. War sie etwa tot? Oh ja, das war sie! Erst jetzt entdeckte ich das blutige Messer, das mitten in ihrem Herzen steckte. «Oh, mein Gott», schrie ich. Das konnte doch alles nicht wahr sein.

Wo war der Mörder der Frau? War er etwa immer noch im Haus? Wieso spazierte ein Mann noch um diese Uhrzeit an ausgerechnet diesem Haus vorbei? Waren sie etwa Komplizen? Wollte man mich in die Sache mit reinziehen, um danach mir die Schuld in die Schuhe zu schieben? Das war zu viel für mich. Ich liess alles hinter mir und rannte, so schnell ich konnte …

«Ameli, aufwachen, du musst zur Schule.» Schweissgebadet richtete ich mich kerzengerade im Bett auf. «Uffffh, ich muss echt aufhören, mir Horrorfilme anzugucken! Was für ein schrecklicher Traum!» Ich schaltete das Radio an, um mich auf andere Gedanken zu bringen.

Der Radiomoderator war gerade dabei, die Morgennews zu verbreiten: «Gestern Nacht um ca. 01.40 Uhr wurde in einem abgelegenen Haus eine junge Frau erstochen. Das Motiv ist zunächst noch unbekannt. Verdächtigt wird ein ca. 15-jähriges Mädchen mit braunen schulterlangen Haaren, das ca. 1,65 m gross ist und das noch gestern Nacht vor dem Haus von einem älteren Mann gesehen wurde. Wir bitten um Mithilfe der Bevölkerung, um das Mädchen möglichst bald zu fassen ...»

 

Möchten Sie hören, wie Lena ihre Geschichte vorliest? Mit einem Klick auf ihr Profilbild werden Sie auf die Webseite der Luzerner Zeitung weitergeleitet.

Waisenkinder

Das Haus sah verlottert aus, die Namen an den Klingelschildern waren unlesbar. Ich drückte gegen die Haustür, sie war unverschlossen und knarrte. Ich trat hinein…

Eingetrocknete Blutstropfen fand ich auf dem Boden. Am Ende des Gangs sah ich einen Schrank, bei dem die Tür hin und her schwankte. Das muss wohl der Wind sein, dachte ich mir. Es war trotz der sommerlichen Temperaturen kühl und ich fand es ganz schön unheimlich. Trotzdem wollte ich mich weiter umschauen. Als plötzlich ein Schrei ertönte, rannte ich raus und hielt nicht an, bis ich wieder am Strand angekommen bin. Ich war ausser Atem und kam mir wie in einem Horrorfilm vor. Das ist doch lächerlich, sagte ich zu mir und beschloss, gleich morgen nochmals hinzugehen. Bis spät in die Nacht lag ich wach mit dem Gedanken, dass dort vielleicht doch ein Geist lebt.

Jedes Jahr sind wir hier in den Ferien und jedes Jahr ist es gleich langweilig. Hier in der Gegend gibt es leider keine Kinder in meinem Alter. Ich ging oft auf eine Entdeckungstour, meine Eltern liegen eh nur am Strand herum und das ganze fünf Wochen. Jetzt ist endlich mal Action angesagt.

Zurück im mysteriösen Haus schaute ich mich in den Zimmern um. Ich übersah ein Loch und fiel in die Tiefe. Ich wollte aufstehen, aber der Schmerz stach in mein Bein hoch. Ich rief um Hilfe, aber hier war ja weit und breit niemand. Ich wusste nicht, wie lange ich schon in diesem dunklen Keller sass und ich hatte einen Bärenhunger. Als ich nochmals probierte aufzustehen, hörte ich Schritte. Sie kamen immer näher und auf einmal standen drei Jugendliche vor mir. Zwei Jungs wollten direkt wieder verschwinden, als sie mich sahen, aber das Mädchen sagte gelassen: «Jungs, sie ist verletzt, wir können sie nicht einfach hier liegen lassen. Ausserdem ist sie trotz des Schreis, der Blutstropfen und unseres mysteriösen Schranks nochmals gekommen. Sie ist also kein Angsthase, so wie ihr.»

Sie verbanden mir den Fuss und sahen auf einmal, wie die Polizei auf den Vorhof fuhr. «Verdammt, die Bullen sind hier, wir müssen verschwinden. Du hast uns nie gesehen, ist das klar?», wandte sich der eine Junge an mich. Und schon waren sie verschwunden.

Die Polizei sah und befragte mich dann gleich auch noch. Ich tat so, als wusste ich von nichts. Ich wollte nur einen Spaziergang machen und bin dann hier gelandet. Die Polizei erklärte mir, dass sie zwei Jungs und ein Mädchen suchen, die vor einem halben Jahr aus dem Waisenhaus, hier im Ort, ausgebrochen sind, weil sie Probleme mit der neuen Chefin haben.

Wie am Tag zuvor machte ich mich nochmal auf dem Weg zum alten Haus, in der Hoffnung, die Jugendlichen nochmals zu treffen. Ich hatte Glück. Sie erzählten mir auch alles über ihre traurigen Vergangenheiten.

Alle Kinder im Waisenhaus hatten es immer sehr gut untereinander. Auch zu den Betreuern und der alten Chefin Miss Marilla hatten sie ein sehr gutes Verhältnis. Dies änderte aber schlagartig, als Miss Marilla starb und die neue Chefin kam. Sie behandelt die Kinder wie Dreck und das wollten sich die drei Jugendlichen nicht mehr bieten lassen. Sie brachen aus dem Waisenhaus aus. Seitdem versorgen sie sich selbst. Sie werden zwar von der Polizei gesucht, aber kommen immer wieder davon.

Ich bot ihnen an, dass meine Familie sie sicher aufnehmen würde, aber dieses Angebot lehnten sie dankbar ab. Sie kämen auch allein zurecht. Seitdem wurden die Ferien nie mehr langweilig. Die drei Jugendlichen und ich schlichen abends durch die alten Gassen oder erkundeten alte verlotterte Häuser.