Individuelle und persönliche Lernzeiten

Umstellung von Hausaufgaben auf Lernzeiten ab 01.08.2024

Mit «Schule für alle» gilt es die Volksschule in allen Bereichen weiterzuentwickeln. Dies heisst die aktuelle Praxis zu hinterfragen und neue Wege zu beschreiten. Die Lernzeiten ersetzen im Zyklus 1 und 2 der Schulen Menznau die klassischen Hausaufgaben. Mit den Lernzeiten wird für die Schülerinnen und Schüler ein Angebot geschaffen, das sie in der Gestaltung des eigenen Lernens unterstützt. Je aktiver und selbstgesteuerter Kompetenzen erworben werden, desto nachhaltiger wirken sie. Die Lernzeiten werden von Lehrpersonen betreut.

Individuelle Lernzeiten während des Unterrichts

Die individuelle Lernzeit während des Unterrichts verteilt die Lehrperson auf die Schulwoche (Zyklus 1 40-60 Minuten und Zyklus 2 45-60 Minuten). Während dieser Lernzeit arbeiten die Schülerinnen und Schüler individuell an aktuellen Unterrichtsthemen.

 

Persönliche Lernzeiten ausserhalb des Unterrichts

Kinder im Zyklus 1 können aus einem Lernangebot der Klasse auswählen und freiwillig zu Hause Lernaufgaben erledigen.

Der Zyklus 2 setzt bewusst persönliche Lernzeiten ausserhalb des Unterrichtes an. Die persönlichen Lernzeiten (Total 60 Minuten) sind im Stundenplan ausgewiesen. Sie dienen dem selbstständigen Lernen, Üben und Vertiefen von aktuellen Lerninhalten. Die Lernenden können allein arbeiten oder Lernpartnerschaften eingehen, um von anderen und mit anderen zu lernen.

Kinder wählen den Lernort, der ihnen am besten entspricht. Sie entscheiden, ob sie jeweils während der persönlichen Lernzeit begleitet durch eine Lehrperson in der Schule oder selbständig daheim noch etwas üben und vertiefen. Beobachtungsaufgaben, Material sammeln oder kreative Tätigkeiten sind mögliche Aufträge für zu Hause, die weiterhin von der Lehrperson fix erteilt werden können.

Die persönliche Lernzeit in der Schule ist keine Nachhilfe- oder ausserschulische Betreuungszeit. Nutzt ein Kind die persönliche Lernzeit nicht entsprechend, kann es weggeschickt werden.

Kinder, welche die persönliche Lernzeit zu Hause nicht einhalten, können von der Lehrperson zur persönlichen Lernzeit in der Schule verpflichtet werden.

 

Lerndokumentation

Die gewählten Inhalte der individuellen und persönlichen Lernzeiten werden mittels Lernjournal oder Logbuch von den Kindern festgehalten. Es findet hier auch eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Lernen statt.

 

Lernzeiten und Musikschule/Tagesstrukturen

Der Musikschulunterricht kann auch während der «Persönlichen Lernzeit» angesetzt werden. Wird ein Kind in den Tagesstrukturen betreut, kann es die persönliche Lernzeit in der Schule besuchen.

 

Einsicht für Eltern in schulische Themen

Der Austausch über schulische Arbeitsthemen und Ziele wird über ein Instrument (Logbuch / Lernjournal, Beurteilungen, Elterninformationen, Schulthek-Tage) ermöglicht. Das jeweilige Instrument und der Umgang damit werden zu Beginn des Schuljahres durch die Klassenlehrperson kommuniziert.

 

Freizeit und Erholung

Als Eltern sorgen Sie für eine sinnvolle Freizeitgestaltung wie zum Beispiel Spielen drinnen und draussen, Vereinsaktivitäten, kreative und musische Tätigkeiten, (Vor-)Lesen, … Wichtig ist, dass die Kinder den Unterricht am Folgetag ausgeruht besuchen, damit sie neue Lerninhalte aufmerksam und aktiv aufnehmen können.

Fragen und Antworten Lernzeiten

Warum haben die Schulen Menznau auf Lernzeiten umgestellt?

Mit dem Entwicklungsvorhaben “Schulen für alle” setzen sich alle Volksschulen im Kanton Luzern intensiv mit der Schulentwicklung auseinander. Hausaufgaben und Lernzeiten stellen dabei einen wesentlichen Baustein der Schulentwicklung dar.

In §9 der «Verordnung zum Gesetz über die Volksschulbildung des Kantons Luzern» ist festgehalten, dass die Hausaufgaben von den Lernenden selbständig gemacht werden können und dass Umfang, Inhalt und Schwierigkeit den Leistungsmöglichkeiten der Lernenden angepasst werden müssen. Die Dienststelle Volksschulbildung (DVS) weist in der Umsetzungshilfe Hausaufgaben darauf hin, dass Hausaufgaben neu gedacht werden sollen. In Punkt 10 der Umsetzungshilfe plädiert die DVS für die Weiterentwicklung der Hausaufgaben. Eine Möglichkeit sieht die DVS darin, dass im 1. Zyklus die Hausaufgaben freiwillig und frei wählbar sind. Im 2. Zyklus sollen die Hausaufgaben in der Schule erledigt werden können, wobei die Lernenden bei der Planung einbezogen sein sollen. Ähnlich im Zyklus 3 sollen Zeitgefässe für selbständiges Lernen geschaffen werden. Die Lernzeiten an den Schulen Menznau sind an die Umsetzungshilfe angelehnt.

Mit der Einführung von Lehrplan 21 hat sich auch die Wochenstundentafel für die Kinder und Jugendlichen verändert. Die Unterrichtsverpflichtung für die Kinder und Jugendlichen hat sich seither erhöht, jedoch hat man dies bei den Hausaufgaben kaum berücksichtig. Dies gilt es nun zu korrigieren.

Die Umsetzung mit Lernzeiten an den Schulen Menznau berücksichtigen des weiteren das veränderte Lernverständnis, die Chancengerechtigkeit sowie die Wissenschaft:

Lernverständnis

Lernverständnis früher Lernverständnis heute

- Kontrolle

- Distanz

- Vermittlung von Stoff

- alle gleichzeitig das Gleiche

- auswendig lernen

- Hausaufgaben als Druckmittel

- fremdgesteuert

- kleinste Schritte

- üben, was noch nicht geht

- Vertrauen

- Beziehung

- erarbeiten von Stoff und aneignen von überfachlichen Kompetenzen

- Binnendifferenzierung

- nachhaltig anwenden können

- intrinsische Motivation

- selbstgesteuert und - organisiert

- Flow, grössere Schritte

- Ressourcen- und Interessenorientiert

Chancengerechtigkeit

Aufgrund der ungleichen Betreuungssituationen zu Hause ist bei Hausaufgaben die Chancengerechtigkeit nicht gegeben. Wie die Studie von Moroni (2016) zeigte, stellen Hausaufgaben für viele Familien eine Belastung dar.  Unter dem Aspekt der Chancengerechtigkeit erhalten Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit,  Aufgaben betreut

im, vor oder nach dem Unterricht in der Schule zu bearbeiten. Es geht dabei nicht um die Abschaffung von Hausaufgaben, sondern um eine Verlagerung von Zeit, Ort und Betreuung von Aufgaben.

Wissenschaft

Die Wirkung der Hausaufgaben ist höchst umstritten. Viele Fachleute und Untersuchungen bezeugen, dass die Hausaufgaben längst nicht die Wirkung zeigen, die man ihnen zuschreibt. Sie sind weder förderlich zur Erlangung der Selbständigkeit noch dienen sie dem Lernzuwachs. Selbst Studien, die den Nutzen der Hausaufgaben herauszustreichen versuchen, kommen zum Schluss, dass weder Hausaufgaben mit Erledigungscharakter noch Hausaufgaben zwecks Nachbereitung einen messbaren Nutzen haben. Nur Hausaufgaben, die der Vorbereitung dienen und mit Engagement bearbeitet werden, können die Lernenden im Lernzuwachs unterstützen. Selbst dann müssen sie den Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler individuell angepasst sein.

Welche Ziele verfolgen die Schulen Menznau mit den Lernzeiten?

  1. Förderung der Selbstständigkeit: Lernzeiten ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern, eigenverantwortlich zu arbeiten und ihre Zeit effizient zu nutzen. Dies fördert die Selbstständigkeit und bereitet sie auf zukünftige Herausforderungen vor.
  2. Individuelle Förderung: Durch gezielte Lernzeiten können Lehrkräfte besser auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden eingehen und gezielte Unterstützung bieten. Dies trägt zur Chancengleichheit bei und hilft, Lernlücken zu schließen.
  3. Stressreduktion: Wenn Hausaufgaben in der Schule erledigt werden können, reduziert dies den Stress für die Schülerinnen und Schüler sowie für deren Eltern. Die Schule wird so zu einem Ort des Lernens und der Entlastung.
  4. Bessere Nutzung der Unterrichtszeit: Lernzeiten ermöglichen es, die Unterrichtszeit effektiver zu nutzen, da weniger Zeit für die Erklärung und Kontrolle von Hausaufgaben aufgewendet werden muss. Dies schafft Raum für vertiefendes Lernen und kreative Projekte.
  5. Förderung der sozialen Kompetenzen: Gemeinsame Lernzeiten bieten die Möglichkeit, soziale Kompetenzen zu stärken, da die Schülerinnen und Schüler lernen, miteinander zu arbeiten, sich gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam Lösungen zu finden.

Haben die Schulen Menznau die Hausaufgaben abgeschafft?

Die Schulen Menznau haben die Hausaufgaben nicht abgeschafft, sondern neu mit den Lernzeiten abgedeckt. Ab Zyklus 1 sind die Lernzeiten im Unterricht integriert, im Zyklus 2 sowohl im Unterricht als auch ausserhalb des Unterrichtes angesetzt.

Wieso wird der Begriff Hausaufgaben nicht weitergeführt?

Der Begriff Hausaufgaben impliziert, dass die Aufgaben zu Hause erledigt werden. Mit dem Begriff der Lernzeiten gehen die Schulen Menznau einen neuen Weg: Lernaufgaben können sowohl begleitet in der Schule als auch selbständig zu Hause gelöst werden. 

Wieso werden keine begleiteten Lernzeiten im Zyklus 1 angeboten?

Die Forschung empfiehlt im Zyklus 1 noch keine Hausaufgaben zu vergeben. Positive Effekte von Hausaufgaben auf die Lernleistung nehmen erst in höheren Zyklen zu.  Im Zyklus 1 sind die Lernzeiten im Unterricht integriert und die Kinder werden dabei von den Lehrpersonen beraten und begleitet. Im ersten Zyklus dürfen jedoch schulische Aufgaben aus einem zusammengestellten Angebot der Lehrperson freiwillig zu Hause lösen. 

  1. Entwicklungsstand: Kinder im Zyklus 1 befinden sich in einer Phase, in der spielerisches Lernen und soziale Interaktionen im Vordergrund stehen. Hausaufgaben können in diesem Alter überfordernd sein und den natürlichen Lernprozess stören.

  2. Förderung der Neugier: In den frühen Jahren ist es wichtig, die natürliche Neugier und den Entdeckungsdrang der Kinder zu fördern. Freies Spielen und exploratives Lernen unterstützen diese Entwicklung besser als strukturierte Hausaufgaben.

  3. Familienzeit: Hausaufgaben können die wertvolle Zeit, die Kinder mit ihrer Familie verbringen, einschränken. Gemeinsame Aktivitäten und unstrukturierte Zeit sind wichtig für die emotionale und soziale Entwicklung.

  4. Stressreduktion: Verzicht auf Hausaufgaben kann den Stress für Kinder und Eltern reduzieren. Kinder haben mehr Zeit, sich zu entspannen und ihre Freizeit zu geniessen, was zu einem ausgeglicheneren Alltag beiträgt.

  5. Gleichberechtigung: Nicht alle Kinder haben zu Hause die gleichen Voraussetzungen, um Hausaufgaben zu erledigen.

  6. Förderung der Selbstständigkeit: Anstatt Hausaufgaben zu machen, können Kinder im Zyklus 1 durch spielerische Aktivitäten und Projekte in der Schule lernen, selbstständig zu arbeiten und ihre eigenen Interessen zu verfolgen.

Warum sollen Kinder ihre Aufgaben selbst wählen dürfen?

  1. Förderung der Eigenverantwortung: Wenn Kinder ihre Aufgaben selbst wählen können, lernen sie, Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess zu übernehmen. Dies stärkt ihre Selbständigkeit und ihr Selbstbewusstsein.
  2. Motivation und Interesse: Die Kinder sind motivierter und engagierter, wenn sie Aufgaben bearbeiten, die sie selbst ausgewählt haben und ihren Interessen entsprechen. Dies kann zu besseren Lernergebnissen führen.
  3. Individuelle Lernbedürfnisse: Jedes Kind hat unterschiedliche Stärken, Schwächen und Lernstile. Durch die Möglichkeit, Aufgaben selbst zu wählen, können Kinder Aufgaben auswählen, die ihren individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten entsprechen.
  4. Kreativität und Problemlösefähigkeit: Wenn Kinder die Freiheit haben, ihre Aufgaben zu wählen, können sie kreativer und innovativer sein. Sie lernen, Probleme auf unterschiedliche Weise zu lösen und ihre eigenen Lernstrategien zu entwickeln.
  5. Selbstreflexion: Die Wahl der eigenen Aufgaben ermutigt Kinder, über ihre eigenen Lernziele und -fortschritte nachzudenken. Sie lernen, ihre eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen und daran zu arbeiten.
  6. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: In einer sich ständig verändernden Welt ist es wichtig, dass Kinder lernen, flexibel und anpassungsfähig zu sein. Die Möglichkeit, ihre Aufgaben selbst zu wählen, hilft ihnen, diese Fähigkeit zu entwickeln.

Wie haben Eltern Einblick in die Schule?

  1. Unterrichtsbesuch: Als Eltern dürfen die Eltern den Unterricht ihres Kindes besuchen. Bitte melden Sie sich vorgängig bei der Lehrperson an.
  2. Logbuch / Lerndokumentation: Schülerinnen und Schüler dokumentieren ihre Lernzeiten. Die Dokumentation geht regelmässig nach Hause und bieten einen Einblick.
  3. Feedback von den Kindern: Kinder werden mit den Schulthek-Tagen (Schulmaterial geht nach Hause) ermutigt, regelmässig mit ihren Eltern über das Gelernte zu sprechen und ihre Fortschritte zu teilen. Dies stärkt die Kommunikation innerhalb der Familie und gibt den Eltern einen natürlichen Einblick in den Unterricht.
  4. Elterngespräche: Die Elterngespräche bieten die Möglichkeit, detaillierte Rückmeldungen über den Lernfortschritt der Kinder zu geben. Diese Gespräche können individuell auf die Bedürfnisse und Fragen der Eltern eingehen.
  5. Transparenz: Regelmässige Elterninformationen über den Unterricht und Beurteilungen der Kinder sollen die Transparenz fördern.

Ist Menznau die erste Gemeinde, welche auf Lernzeiten umgestellt hat?

Die Gemeinde Menznau gehört nicht zu den ersten Gemeinden. Im Jahr 2018 hat diese Vorreiterrolle die Volksschule Kriens übernommen. Das Projekt Lernzeiten wurde seither mehrmals evaluiert und die Umstellung positiv bestärkt. Als weitere Gemeinden haben beispielsweise Ebikon, Emmen oder Nebikon die Lernzeiten bereits eingeführt.

Wie ist es in der Sekundarschule?

In der Sekundarschule Menznau können Lernende das Angebot der Lernbetreuung dreimal in der Frühstunde nutzen. Jugendliche nutzen somit diese Möglichkeit um ihre "Haus- oder Schulaufgaben" zu erledigen bereits länger als der Zyklus 1 und 2. 

Mein Kind erzählt mir kaum etwas aus dem Schulalltag.

Es kann frustrierend sein, wenn Kinder zu Hause kaum etwas über ihren Schulalltag erzählen. Folgende Tipps können helfen:

  1. Geduld haben: Erzwinge das Gespräch nicht. Warte auf einen Moment, in dem dein Kind entspannt ist, z.B. beim Abendessen oder vor dem Schlafengehen.
  2. Offene Fragen stellen: Statt “Wie war die Schule?” könntest du fragen: “Was war das Beste, was heute passiert ist?” oder "Gab es etwas Lustiges in der Schule?"
  3. Interesse zeigen: Höre aktiv zu und zeige echtes Interesse an den Antworten deines Kindes. Das ermutigt es, mehr zu teilen1.
  4. Eigene Erlebnisse teilen: Erzähle von deinem eigenen Tag. Das kann dein Kind dazu anregen, ebenfalls von seinem Tag zu berichten.
  5. Routinen schaffen: Finde eine regelmäßige Zeit, um über den Tag zu sprechen. Das kann helfen, eine Gewohnheit zu entwickeln.
  6. Positive Atmosphäre schaffen: Sorge dafür, dass dein Kind sich wohl und sicher fühlt, wenn es über die Schule spricht.

Manchmal kann es auch hilfreich sein, mit den Lehrern zu sprechen, um mehr über das Verhalten und die Erlebnisse deines Kindes in der Schule zu erfahren.